Krise in der Stahlindustrie – Wie steht es um die Jobs?

«Wie geht es weiter mit der Schweizer Stahlindustrie?», «Wieso in der Schweizer Stahlindustrie bald der Ofen aus sein könnte». «Swiss Steel: Schweizer Traditionsfirma vor dem Aus». Ein Blick auf die Schlagzeilen der letzten Wochen legt die Vermutung nahe, dass die Stahlindustrie hierzulande in einer tiefen Krise steckt. Tatsächlich steht es um diese nicht gerade rosig, wie wir weiter unten noch beleuchten werden. Doch was geschieht mit den Jobs in der Stahl- respektive in der Metallindustrie? Die Entwicklung der vergangenen paar Jahre zeigt, dass sich die Anzahl offener Stellen nicht immer so bewegt, wie es die Rahmenbedingungen eigentlich vermuten lassen. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf diese Entwicklung und stellen die Frage, wohin die Reise in der Stahl-/Metallindustrie in naher Zukunft gehen könnte.

Eine stark konjunkturabhängige Industrie

Quelle: x28 AG

Beim Blick auf die obige Grafik fällt auf, dass – zumindest seit Anfang Jahr 2021 – die Entwicklung der offenen Stellen in der Metallindustrie und auf dem Gesamtarbeitsmarkt recht parallel zueinander verläuft. Die Metall- und darunter nicht zuletzt die Stahlindustrie gilt als stark konjunkturabhängiger Industriezweig, wie beispielsweise die Bertelsmann-Stiftung ausführt. Aber auch Entwicklungen im Ausland haben einen Einfluss darauf, wie es der Schweizer Stahlindustrie geht, da die Schweiz Stahl sowohl importiert als auch exportiert. Das Handelsvolumen aus Stahleinfuhr und -ausfuhr betrug 2023 laut dem SECO 3,8 Milliarden Schweizer Franken, wobei der Import etwa 60% davon ausmacht. Wichtigste Handelspartnerin der Schweiz ist dabei die Europäische Union mit ganzen 90% des Schweizer Stahlhandels.

Vor 2021: die Metallindustrie schwächelt

Vor dem Jahr 2021 war die Anzahl offener Stellen in der Metallindustrie tendenziell rückläufig. Auffallend ist zum einen der Rückgang der offenen Stellen im Jahr 2019. Dieser setzte Anfang Jahr ein und war möglicherweise eine Auswirkung einer neuen Bestimmung: Am 31. Januar 2019 erliess die Europäische Union Schutzmassnahmen in Form von Zollkontingenten auf die Einfuhr von Stahlprodukten aus Drittstaaten, wozu auch die Schweiz gehört. Gegen Ende des Jahres stieg die Anzahl offener Stellen in der Metallindustrie wieder an. Ein weiterer Einbruch der offenen Stellen in dieser Industrie fand, wenig überraschend, während der Corona-Pandemie statt. Wie der Fall Swiss Steel nahelegt, litt die Stahlindustrie unter einem starken Rückgang von Absatz- und Auftragsvolumen. Die Flaute wirkte sich auf die offenen Stellen in der Metallindustrie aus: Die Zahl der ausgeschriebenen Jobs ging von August 2019 bis Juli 2020 um rund 35% zurück. Im letztgenannten Monat erreichte die Anzahl offener Stellen in der Metallindustrie mit 2’254 ein Allzeittief. Erst gegen Ende 2020 zog die Anzahl offener Jobs wieder an.

Nach Corona: zwei kurze Haussen

In der Zeit nach der Corona-Pandemie fallen zwei Peaks bei den ausgeschriebenen Stellen in der Metallindustrie auf. Der eine ist im Sommer 2022 zu verzeichnen. Im August jenes Jahres waren in dieser Industrie 5’310 Stellen ausgeschrieben – ein bis dahin ungeschlagener Rekord. Dieser Peak ist auf Nachholeffekte nach der Pandemie zurückzuführen: Gewissermassen schlug das Pendel nun nicht mehr nach unten, sondern nach oben aus. Die Hausse bei den offenen Stellen steht allerdings im Widerspruch zu den erschwerten Bedingungen in der Stahlindustrie infolge des Ausbruchs des Krieges in der Ukraine. So wurden die Rohstoffe weltweit teurer und knapper, wie ein Bericht von economiesuisse belegt. Dies führte dazu, dass Anfang September 2022 Stahl Gerlafingen Kurzarbeit beantragte.

Ein Jahr später erreichte die Anzahl offener Stellen in der Metallindustrie einen weiteren Peak. So waren im August 2023 mit 5’233 am zweitmeisten Jobs ausgeschrieben. Möglicherweise handelt es sich hier um einen Ausreisser, etwa bedingt durch die Einstellungspolitik einzelner Arbeitgeber. Indessen waren damals die Bedingungen in der Metall- und insbesondere in der Stahlindustrie weiterhin ungünstig. Aufgrund des fortdauernden Krieges in der Ukraine stiegen die Energiepreise im Jahr 2023 stark an. Das trieb die Produktionspreise in die Höhe. Denn die Stahlverarbeitung, die in der Schweiz in erster Linie in der Aufbereitung von Stahlschrott besteht, ist sehr energieintensiv.

Die aktuelle Situation

Seit nunmehr anderthalb Jahren sind die offenen Stellen in der Metallindustrie zumindest in der Tendenz rückläufig. Im Oktober 2024 waren 4’007 Jobs ausgeschrieben – ein Rückgang um rund 25% seit dem Allzeithoch. Die Stahlindustrie ist wesentlich mitbeteiligt an dieser Entwicklung. So haben im laufenden Jahr denn auch die beiden grössten Schweizer Stahlfirmen, Swiss Steel und Stahl Gerlafingen, im grossen Stil Stellen abgebaut. Bei Stahl Gerlafingen sind rund 200 Jobs davon betroffen, bei Swiss Steel sind es 130 Jobs in der Schweiz, international sogar ganze 800. Die Bedingungen für die Schweizer Metall- und damit auch die Stahlindustrie bleiben schwierig. Weiterhin hohe Energiepreise, der fast nur auf Europa limitierte Absatzmarkt, die bleibenden Handelseinschränkungen der Europäischen Union sowie die unsichere geopolitische Lage wirken sich ungünstig auf diese Industrie und somit auf die Jobs darin aus. Dazu kommt, dass die ersten Auswirkungen der wirtschaftlichen Krise in Deutschland auch hierzulande schon zu spüren sind. Wie etwa ein Artikel der Neuen Zürcher Zeitung nahelegt, schwächt die Krise in unserem nördlichen Nachbarland die Maschinenbauindustrie. Zudem sind die gravierenden Probleme in der deutschen Automobilbranche derzeit in aller Munde. Das beeinträchtigt die Schweizer Stahlexporte, zumal der Werkstoff sowohl für Maschinen als auch für Fahrzeuge ein wichtiges Material ist.

Ausblick: Einflüsse im In- und Ausland

Eine Umkehr des negativen Trends bei den Metallindustrie-Jobs ist derzeit nicht abzusehen. Wie es weitergeht, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese sind vor allem folgende:

  • Die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland: Im nördlichen Nachbarland zeichnet sich immer deutlicher eine Deindustrialisierung mit entsprechenden Folgen für die Wirtschaft ab. Das wirkt sich direkt auf die Importe und Exporte von Stahl und somit auch auf unsere heimische Metall- und Stahlindustrie aus. Dazu kommt aktuell die (wirtschafts-)politische Unsicherheit in Deutschland. Seitdem die deutsche Regierungskoalition am 6. November 2024 auseinandergebrochen ist, bleibt vieles in der Schwebe.
  • Verschiedene internationale Entwicklungen: Einerseits dauert der Krieg in der Ukraine weiter an, was die Rohstoff- und Energiepreise noch immer beeinflusst. Immerhin sind die Energiepreise inzwischen wieder etwas gesunken. Offen bleibt ebenso, wie sich die US-amerikanische Wirtschaftspolitik nach der Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus international auswirken wird. So könnten Tendenzen des wirtschaftlichen Protektionismus auch in Europa zunehmen, was sich drastisch auf das Handelsvolumen der Schweiz beim Stahlhandel auswirken würde.
  • Die wirtschaftliche Lage in der Schweiz: Aktuell ist die Lage hierzulande stabil, wie etwa ein Artikel der Handelszeitung aufzeigt. Eine Deindustrialisierung zeichnet sich aktuell nicht, oder zumindest nicht in nennenswertem Masse, ab. Die Entwicklung der Stahlindustrie ist allerdings unsicher – wie es etwa mit Stahl Gerlafingen weitergeht, ist Gegenstand reger Diskussionen. Es kann also gut sein, dass die offenen Stellen in der Metallindustrie ihre Baisse fortsetzen, während die rückläufige Tendenz auf dem Gesamtarbeitsmarkt gestoppt wird.

Pressekontakt

Cornelia Schlatter
Account Management
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cornelia.schlatter@x28.ch

Über die x28 AG

Die x28 AG ist eines der erfolgreichsten Arbeitsmarktdaten-Unternehmen der Schweiz. Als einziges Unternehmen setzt die x28 AG alles daran, täglich alle offenen Stellen in der Schweiz direkt von den Websites der Arbeitgeber und Personaldienstleister zu crawlen, die Vakanzen-Inhalte zu extrahieren und semantisch zu annotieren. Dabei resultieren wertvolle Arbeitsmarktdaten rund um die Fachkräftenachfrage von Arbeitgebern sowie wichtige Instrumente für Stellensuchende (www.jobagent.ch), für Personaldienstleister (www.profilmatcher.ch) und für Arbeitgeber/Institutionen (RAV, BIZ, SVA usw.). Dank der Reichweite über verschiedene Jobplattformen verfügt x28 AG zudem auch über Daten auf der Angebotsseite (Fachkräfte) und stellt somit wichtige Kennzahlen zum Arbeitsmarkt zur Verfügung.

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