Für die allermeisten Menschen ist, zum guten Glück, die Corona-Pandemie inzwischen nur noch eine vage Erinnerung. Indessen hat die Pandemie eine Thematik ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bugsiert, die seither nicht mehr daraus verschwunden ist: den Fachkräftemangel in Pflege-Jobs. Wir sind der Frage nachgegangen, wie sich die Anzahl offener Stellen für Pflegefachkräfte, FaGe und Co. vor, während und nach der Pandemie entwickelt hat. Die Daten zeigen eine sich langsam verschärfende Situation und das nicht erst seit Corona.
Die Entwicklung der Pflege-Jobs seit 2018
Bei der Anzahl offener Pflege-Jobs ist seit Jahren eine allgemein steigende Tendenz sichtbar. Dabei fallen zwei Einbrüche auf, wovon der zweite in die Zeit der Corona-Pandemie fällt.
Vergleicht man die Entwicklung der Pflege-Jobs mit der Entwicklung aller offenen Stellen in der Schweiz, zeigt sich ein ähnliches Gesamtbild. Eine Baisse bei den Vakanzen ist während der ganzen Zeitspanne der Corona-Pandemie zu beobachten. Anders als bei den Pflege-Jobs, findet sich ein zweiter Unterbruch des Anstiegs freier Stellen in der zweiten Jahreshälfte 2023.
Der Fachkräftemangel in der Pflege als Langzeitphänomen
Die Situation verschärfte sich bereits Jahre vor der Pandemie. Schon in den beiden Jahren davor waren regelmässig um die 10’000 Pflege-Jobs ausgeschrieben – Tendenz steigend. Ein Blick auf die Fachdiskussion belegt, dass das Phänomen des Fachkräftemangels in der Pflege schon deutlich vor der Pandemie ein Thema war. So zeigte etwa eine Studie von «Kassensturz» auf, dass in den Jahren 2016 bis 2018 jedes fünfte Akutspital in der Schweiz über zu wenig Pflegepersonal verfügte. Der Grund dafür war einerseits die gestiegene Zahl älterer und pflegebedürftiger Personen. Andererseits arbeiteten immer mehr Angestellte in Pflege-Jobs Teilzeit, unter anderem aufgrund der hohen Belastung. Einzelne Medien sprachen damals bereits von einem Pflegenotstand. Der Schweizer Jobradar zeigt zudem, dass der Beruf Pflegefachperson seit dem Jahr 2013 durchgehend auf Position 1 der meistgesuchten Fachkräfte ist.
Die Corona-Pandemie erschüttert den Pflegebereich
Im Frühling 2020 brach die Corona-Pandemie wie ein Orkan über den Schweizer Arbeitsmarkt herein. Mit dem ersten Lockdown wurden in verschiedenen Branchen keine Stellen mehr ausgeschrieben. Das sah bei den Pflege-Jobs etwas anders aus. Ein starker Einbruch während der ersten Corona-Welle ist auch bei diesen sichtbar. Doch die Abnahme der offenen Pflege-Jobs war nur vorübergehend, nämlich so lange, bis die Gesundheitsinstitutionen auf die veränderte Lage reagieren konnten.
Die neuen Bedingungen während der Pandemie wirkten sich äusserst belastend aus auf Personen, die in der Pflege tätig waren. Die plötzlich ansteigende Zahl an Patient:innen aufgrund der vielen Covid-19-Infektionen führte dazu, dass Fachpersonen in Pflegeberufen allerorts Mehrarbeit leisten mussten. Eine Umfrage von CH Media zeigt, dass die Fluktuation des Fachpersonals während der Corona-Pandemie dennoch eher gering war. Der akut gestiegene Bedarf an Fachkräften im Pflegebereich wirkte sich verzögert auf die Anzahl freier Pflege-Jobs aus. Im Jahr 2021 nahmen die offenen Stellen in Pflegeberufen wieder zu. Dieser Trend wurde, anders als in anderen Branchen, ab dann nicht mehr gebrochen. So erreichte schliesslich die Anzahl ausgeschriebener Pflege-Jobs im September 2022 mit 15’522 einen Allzeitrekord.
Keine Beruhigung nach der Pandemie
Obgleich die Arbeitsbelastung für Pflegende unmittelbar nach der Corona-Pandemie zurückging, wie Daten der Universität Bern belegen, bleibt der Fachkräftemangel in der Pflege ein bedeutendes Problem. So fällt die Anzahl offener Stellen nicht mehr unter 14’000. Die am 28. November 2021 vom Stimmvolk angenommene Pflegeinitiative soll zwar zur Behebung des Fachkräftemangels beitragen. Die Pflegeinitiative ist jedoch erst an wenigen Orten in Umsetzung, da in vielen Kantonen hierzu erst Gesetzgebungsverfahren am Laufen sind. Dazu kommt, dass aufgrund der tiefen Löhne in der Pflege die Fluktuation beispielsweise von Spitalpersonal stark gestiegen ist. Die finanziellen Probleme im Zuge von Sparmassnahmen in manchen Spitälern – etwa im Kanton St. Gallen seit vergangenem Herbst – trägt zusätzlich zur Verschärfung der Lage bei. Das OBSAN geht von einem stark steigenden Personalbedarf in der Pflege bis im Jahr 2030 aus. Die Thematik dürfte also noch sehr lange nicht vom Tisch sein.
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